19.05.2025
Ein über das Rückmeldeformular des Landes erklärter Verzicht auf gewährte NRW-Soforthilfen 2020 ist wirksam. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes in zwei Verfahren entschieden.
Die Kläger hatten Ende März 2020 jeweils zur Milderung pandemiebedingter Notlagen ihres Unternehmens, insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, NRW-Soforthilfen 2020 für drei Monate erhalten. Sie waren 2021 um Rückmeldung über den Liquiditätsengpass im Bewilligungszeitraum gebeten worden. Hierfür hatten sie ein elektronisches Formular erhalten, auf dem unter der Überschrift "Verzicht auf die NRW-Soforthilfe 2020" unter anderem auch angekreuzt werden konnte:
"Im Förderzeitraum hatte ich keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen und erkläre deshalb unwiderruflich, dass ich die mit dem Bewilligungsbescheid gewährte Soforthilfe (einschließlich fiktivem Unternehmerlohn) nicht in Anspruch nehme. Die Förderpauschale habe ich bereits vollständig zurücküberwiesen oder werde sie noch vollständig zurückzahlen. (Wenn Sie diese Option wählen, sind keine Angaben zu Ihren Einnahmen und Ausgaben erforderlich und die betreffenden Eingabefelder werden ausgeblendet.)"
Die Kläger, die diese Erklärung angekreuzt hatten, wandten sich gegen im Wesentlichen gleichlautende Feststellungs- und Erstattungsbescheide der Bezirksregierungen Arnsberg und Düsseldorf, wonach ihr Bewilligungsbescheid wegen ihres Verzichts keine Rechtswirkungen mehr entfalte und sie den ausgezahlten Betrag zurückzuzahlen hätten. Nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen diese Bescheide aufgehoben hatte, hat das OVG die erstinstanzlichen Urteile geändert und die Klagen abgewiesen.
Das OVG bezieht sich auf den eindeutigen Wortlaut der in beiden Verfahren abgegebenen Verzichtserklärung und ihrem erkennbaren Sinn und Zweck. Danach hätten die Kläger unmissverständlich angegeben, sie hätten im Förderzeitraum keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen gehabt, und deshalb unwiderruflich erklärt, dass sie die mit dem Bewilligungsbescheid gewährte Soforthilfe (einschließlich fiktivem Unternehmerlohn) nicht in Anspruch nähmen. Dass sich die Kläger der Folgen dieser Erklärung bewusst waren, hätten sie ausdrücklich durch Ankreuzen einer entsprechenden gesonderten Erklärung bestätigt
Unklarheiten oder Missverständlichkeiten folgten nicht daraus, dass die Kläger mit der vorformulierten Erklärung als untrennbar mit dem Verzicht verbundene Begründung hierfür angegeben haben, im Förderzeitraum keinen Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbedingungen gehabt zu haben. Diese Begründung habe auf die Förderbedingungen Bezug genommen, die jedem Soforthilfeempfänger aus dem Bewilligungsbescheid als Grundlage der Förderung bekannt waren und durch Auslegung ermittelt werden konnten, auch wenn über die konkrete Berechnung nach den Förderbedingungen seinerzeit noch unterschiedliche Vorstellungen vorherrschten.
Die vom VG angenommene Suggestion, der Verzicht müsse bei fehlendem Liquiditätsengpass im Sinne der Berechnungsweise des Rückmeldeformulars zwingend oder unter dem Druck der Strafbarkeit falscher Angaben gar ausweglos abgegeben werden, sei dem nicht zu entnehmen. Für alle Erklärenden sei der Verzicht klar erkennbar nur eine Rückmeldeoption gewesen, die ausgewählt werden konnte, aber nicht musste.
Auf die Erklärenden wurde aus Sicht des OVG auch kein Druck gerade dahin ausgeübt, durch einen Verzicht von der grundsätzlich im Rahmen der Rückmeldung erbetenen Angabe von Einnahmen und Ausgaben abzusehen. Das in erster Linie erbetene Ausfüllen der gegenüber dem Inhalt des Bewilligungsbescheids vereinfachenden Berechnungshilfe im Rückmeldeformular habe vielmehr sogar teilweise begünstigend gewirkt, weil darin zur Auswahl gestellt gewesen sei, unabhängig von einer entstandenen Notlage oder einem Liquiditätsengpass einen (fiktiven) Unternehmerlohn in Höhe von 2.000 Euro in Anspruch zu nehmen. Dass sich die optionale Verzichtserklärung auch hierauf bezog, sei darin gleichfalls unmissverständlich klargestellt gewesen.
Ein Zwang oder Druck gerade dazu, die als optional hervorgehobene Verzichtserklärung abzugeben, folgte laut OVG auch nicht mittelbar daraus, dass im Formular keine Möglichkeit eröffnet worden war anzugeben, in welchem Umfang die gewährten Mittel zweckentsprechend verwendet worden waren. Eine Verzichtsoption im Rückmeldeformular zu eröffnen, sei auf der Grundlage des Bewilligungsbescheids konsequent und keineswegs treuwidrig, überraschend oder gar strukturell benachteiligend gewesen. Eine Möglichkeit zur unbürokratischen Rückzahlung freiwillig gewährter und in Anspruch genommener staatlicher Soforthilfen, die nicht im Rahmen der Zweckbindung benötigt worden waren, sei jedem Soforthilfeempfänger bereits im Bewilligungsbescheid als Option vor Augen geführt worden. Eine solche Möglichkeit habe auch das Rückmeldeformular mit der Verzichtsoption eröffnet. Die Hinweise des Landes auf die Strafbarkeit falscher Angaben im Subventionsverhältnis auch bei Abgabe des Verwendungsnachweises erzeugten laut OVG keinen rechtlich zu missbilligenden Druck. Sie seien gesetzlich vorgesehen gewesen und hätten den rechtmäßigen Einsatz staatlicher Zuwendungen rechtlich abgesichert.
Das OVG hat die Revision jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 16.05.2025, 4 A 2928/24 und 4 A 2929/24, nicht rechtskräftig