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02.10.2025

Abtreibungskliniken: Keine versammlungsrechtliche Bannmeile

Das Schwangerschaftskonfliktgesetz schreibt um Abtreibungskliniken keine Bannmeile vor, in der abtreibungskritische Meinungsäußerungen generell verboten sind. Die Beschränkung einer entsprechenden Versammlung in der Nähe einer Arztpraxis in Regensburg ist nach dem Gesetz nur zulässig, wenn es im Einzelfall Anhaltspunkte dafür gibt, dass dadurch ein unzulässiger Druck auf Schwangere ausgeübt wird. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden.

Die Antragstellerin ist ein eingetragener Verein, der sich gegen Abtreibungen engagiert. Der Verein zeigte im Februar 2025 bei der Stadt Regensburg zehn Versammlungen an. Diese sollten einmal am Ende jedes Monats des restlichen Jahres 2025 stattfinden. Dabei sollte unter anderem jeweils eine Kundgebung etwa 30 bis 40 Meter vor dem Eingang eines Ärztezentrums abgehalten werden.

Die Stadt Regensburg machte im Juli 2025 zur Auflage, dass die Zwischenkundgebung bei den folgenden Versammlungen mindestens 100 Meter entfernt vom Ärztezentrum stattfinden müsse. Andernfalls seien so genannte Gehsteigbelästigungen im Sinne des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zu befürchten. Durch die Kundgebungen werde erheblicher Druck auf Schwangere ausgeübt, die sich im Ärztezentrum zu einer Abtreibung beraten lassen wollten.

Das Verwaltungsgericht (VG) Regensburg gab dem gegen die Auflage gerichteten Eilantrag statt. Der BayVGH bestätigte diese Entscheidung. Das VG habe zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen, unter denen das Schwangerschaftskonfliktgesetz eine unzulässige Belästigung von Schwangeren annehme, nicht zu erwarten seien. Durch die Versammlungen werde der Zugang zum Ärztezentrum nicht versperrt. Die Betroffenen würden zwar mit der Meinung der Versammlungsteilnehmer konfrontiert. Anders als die Stadt Regensburg meine, gebe es aber um Praxen keine 100 Meter große Bannmeile, in der eine Meinungskundgabe per se untersagt sei.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sowie nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz setze eine Versammlungsbeschränkung einen unzulässigen Druck auf Schwangere voraus. Es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schwangeren durch die Versammlungsteilnehmer derart bedrängt würden, dass der Weg zur Praxis zu einem "Spießrutenlauf" werde. Die Kundgebungen fänden in 30 bis 40 Meter Entfernung zum Eingang und zudem auf der anderen Seite einer breiten Straße statt. Nach Beobachtungen der Polizei sei etwa bei der Kundgebung im März 2025 lediglich leise gebetet und keine Passanten angesprochen worden. Die Kundgebung sei am Haupteingang des Ärztezentrums kaum wahrnehmbar gewesen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 23.09.2025, 10 C 25.1591, 10 CS 25.1672, unanfechtbar